26.10 16
Viele historische Textilien, rufen bei mir die Frage "Warum hat man das nur gemacht ?" hervor.
Wie zB. der Webpelz aus dem 11.Jahrhundert in Schleswig, die vielen Borten die aus spinnenfeinen Fäden in komplizierten Mustern gewoben sind, oder gar all die Stickereien. All diese Stücke verbindet ein hoher Arbeitsaufwand und großes Können, gepaart mit Erfahrung.
Wir, die oft Hausarbeit nach *Priorität und der Rest bleibt liegen* erledigen, stehen fassungslos davor - falls wir es erkennen. Denn unser Auge ist heute so viel schnell und preiswert Gemachtes gewohnt. Kleidung mit schnellen Overlocknähten in den Größen S- XL, egal wie die Bedürfnisse sind, füllen die Geschäfte. Es wird getrickst, geblendet, und wenn doch mal Hand angelegt wird, dann meist weit weg. So ist uns das Gefühl für die Mühe die in den alten Textilien steckt, verloren gegangen.
WER DAHEIM SITZT UND ARBEITET, HAT KEINE ZEIT FÜR BLÖDSINN.
Offensichtliche Fleißarbeit, drückt genau das aus, "seht her ich bin fleißig und tugendhaft !"
Viele historischen Textilien egal welcher Machart (Luxus oder ärmliches Alltagstextil) zeugen von Mühe und Sorgfalt. Die Rohstoffe waren begrenzt und hatten damit ihren Wert. Stoffe sind durchweg sorgfältig verarbeitet, die Garne gut gesponnen. Das Sackleinen des Mittelalters ist eine Mär. Ebenso grobe dicke Stoffe, grobe plumpe Nähte. In Zeiten ohne Maschinen galt es, so fein und gleichmäßig wie nur möglich zu arbeiten.
Viele unterschiedliche Nahtarten machten Kleidung komfortabel, der oft verwendete Überwendlichstich verbindet und versäubert gleichzeitig, macht die Kleidung langlebig.
Mit Maschinen lässt sich das schwer reproduzieren.
Textiler Fleiß über den einfachen Bedarf hinaus, und der damit verbundene Zeitaufwand, sind Luxusgut. Man muss neben den täglich anfallenden Arbeiten, genügend Muße, Licht und Wärme für diese Kunst haben. Ganz unabhängig davon, welche Materialien (das Minimum oder kostbarer Luxus) zur Verfügung standen.