Immer wieder wird gefragt, welche Bindung wo hin passt und wie grob die Stoffe wirklich waren, darum mache ich mal einen Post mit Bildern daraus.
Die Sammlung ist unvollständig und beschränkt sich auf die gängigen Bindungen die in Publikationen zum Thema Mittelalter immer wieder vorkommen.
Hier also eine ganz grobe Übersicht :
Leinwandbindung
Leinwandbindung muß nicht zwingend Leinen sein, sondern ist der Name für die einfachste aller Bindungen, nach dem einfachen eins hoch, eins runter, Prinzip. Die Bindung heißt im Englischen Korb-Bindung/ basket weaving. Dieser Stoff ist weniger querelastisch und fällt bei selber Fadenstärke und Anzahl weniger schön, und sieht auch grober aus, als Köperstoffe.
Sie wurde im gesamten Mittelalter verwendet, meist bei Leinenstoffen, ist aber weniger bei Textilien die eine gewisse Elastizität brauchen geeignet, also ungern für enganliegende Beinlinge oder Beinwickel.
Gleichgratköper, 2/2er Köper
Gleichgratköper oder auch 2/2er Köper genannt, ist der Stoff bei dem die Struktur in Querrillen zu verlaufen scheint. Kette und Schuß* sind hier gleich dominant. Der Stoff ist schön querelastisch.
Wurde im gesamten Mittelalter verwendet.
2/2er benennt die Anzahl der Schäfte*. Die Schäfte zeige ich ganz unten.
Dreigratköper oder 2/1er Köper
Dreigratköper oder 2/1er Köper sieht den Gleichgratköper auf dem ersten Blick ähnlich, aber hier dominiert auf einer Seite der Schuß und auf der anderen Seite die Kette. Heute wird dieser Stoff gerne für Jeansstoffe verwendet, meist ist die Vorderseite dunkel und die Rückseite hell.
Auch dieser Stoff ist querelastisch. Er wurde im gesamtem Mittelalter verwendet.
Auch hier bedeutet 2/1er das drei Schäfte benötigt werden.
links die schusslastige Seite, rechts die Kettlastige
Atlas
Das Atlas Gebinde ist ein 4/1er Köper. Man kennt es auch unter Satin oder Satinweave. Wie beim 2/1er Köper hat es zwei unterschidliche Seiten, die Kettlastige und die Schusslastige. Das Gewebe ist verglichen mit einer Leinwand oder 2/2er Köper mit gleichen Garnen dicker und dichter, hat aber dennoch einen weicheren Fall.
Im Bild ein Atlas mit weißer Kette und grünem Schuss.
Rips
Beim Rips-Gewebe sind feine Fäden ganz eng zusammengeschoben.
Man unterscheidet in Schussrips und Kettrips, je nach dem ob man eine ganz eng zusammenliegende Kette oder Schussfäden verarbeitet hat. Das jeweils Gröbere Fadensystem ist dabei im Idealfall unsichtbar, das Gewebe bildet Rippen.
Der Begriff Rips sagt nichts über die Bindung aus, man kann bei unterschiedlichen Geweben die Fäden so stark verdichten das Kette oder Schuss verdeckt wird.
Farbverflechtungen hier Pepita
Farbverflechtungen sind Muster die durch unterschiedlich farbige Fäden entstehen.
Hier als Beispiel das Pepita Muster. Die Bindung ist ein 2/2 Köper, es liegen in meinem Beispiel je 4 Fäden blau und je 4 Fäden weiß im Wechsel, jeweils in Kette und Schuss. Webt man bei gleichen Einzug einfach nur mit einer Schussfarbe hat man Streifen (siehe Bild)
Pepita taucht schon in Keltischer Zeit auf, findet sich merkwürdigerweise recht selten im Fundgut.
Diamantköper und Fischgrat
Diamantköper und Fischgrat
sind die Bindungen die oft aus dem Frühmittelalter erhalten sind. Ab dem frühen Hochmittelalter scheinen sie außer bei Beinwickeln, out zu sein.
Diamantköper hat den gleichen Einzug* wie Fischgrat, das bedeutet, das wenn man das eine Muster am Webstuhl eingerichtet hat, mit einer anderen Abfolge der Schäfte, auch das andere Muster weben kann. Mein Webstuhl hat Tritte ähnlich einer Orgel, damit kann man unterschiedliche Abfolgen treten. Beim Fischgrat stur von rechts nach links oder umgedreht, ohne zu denken, bei Diamant hingegen muß ich mich konzentrieren.
Diese Muster kann man miteinander kombinieren.
Beide Bindungen sind querelastisch. Sie wurden mit 4 Schäften gewebt.
Das Muster kann optisch gestaucht oder in die Länge gezogen werden, je nach Zusammenspiel von unterschiedlichen dicken Garnen und Abständen zwischen den einzelnen Fäden. Platt gesagt ein Diamant kann mal in die Länge oder Breite gezogen sein, oder quadratisch daher kommen.
Diamantköper, so nennt sich die Bindung, weil die Rauten oder auch Karos immer versetzt aneinander stossen und einem Dimantschliff ein wenig ähnlich sehen.
siehe auch Diamantköper - Unterschiede
Für den Gewichtswebstuhl sind mir bisher keine Nachweise bekannt, das mit mehr als 4 Schäften gewoben wurde. Die hier gezeigte Bindung ist zwar auch ein Diamantköper aber er benötigt mehr als 4 Schäfte. Er ist für Frühmittelalterliche Darstellungen ungeeignet.
Unten im Bild ein Vergleich zweier Diamanten.
Der große Diamant hat quasi Linien und Pünktchen wo der 4 Schäftige nur Linien hat.
Herzlichen Dank an die Gruppe "de Vriund" für das zur Verfügung stellen der Bilder
Rautenköper und Zickzackköper
Rautenköper und Zickzackköper, haben die gleichen Eigenschaften wie Diamant und Fischgrat, aber die Linien stoßen aneinander. Beim Rautenköper fällt das besonders auf. Optischer nebeneffekt : Rautenköper wirkt für das Augew weniger unruhig ausl Diamantköper, die Farben verschmelzen optisch nicht so schnell.
Rosettenköper
Rosettenköper, auch er bildet kleine Rauten und Zick-Zack-Linien. Das Muster ist recht zierlich, es zeichnet sich dadurch aus, das jeder vierte Faden jeweils an den Ecken der Rauten doppelt im Muster liegt. Das macht die Raute schön symmetrisch.
Dieses Muster ist mir aus Niederstozingen (D.) und Flaach (Ch.) bekannt und auf die Anfänge des Mittelalters datiert. Für den Norden (Stichwort Wikinger) kenne ich keinen Nachweis.
Dieses Gewebe hat zwei Ansichten, rechts im Bild ist die Seite zu sehen die sich als Abdruck in Niderstotzingen erhalten hat, links die Seite die ich für die Schauseite halte.
Rippen Rauten Köper
der Rippen Rauten Köper wird mit 3 Schäften gewebt. Dadurch entsteht eine Seite auf der die Kettfäden dominieren und einer auf der die Schussfäden dominant sind. Die beiden Gewebeseiten sehen also verschieden aus. Ahnlich wie beim stricken durch recht oder linke Maschenreihen Rippenmuster entstehen, kann man durch spielen mit Schaftabfolgen/Kombinationen, Rippen weben.
Die Raute ist bei diese Muster geschlossen und nicht wie beim Diamant versetzt.
Diese Bindung findet sich im Fundgut recht selten, mir ist sie aus den Alamannischen Adelsgräbern in Niederstozingen bekannt, wo sie auf etwa 500n Chr. datiert ist.
Kreuzköper
Kreuzköper kommt nicht ganz so häufig vor, basiert auch auf 4 Schäften, der Einzug ist aber 1-2-3-4 wie beim 2/2 er Köper sondern 1- 2- 4 -3 und eigentlich eine Art Minimal Fischgrat. Er ist querelatisch, die Oberfläche sieht gerade bei industriell gewebten Stoffen ein wenig rauh aus.
Extended Tabby, erweiterte leinwand
In Spätmittelalterlichen Städten überwiegend in den den hanseatischen Bereich finden sich besondere Streifenstoffe. Sie nennen sich Extended Tabby oder Erweiterte Leinwand.
Sie sind aus Wolle mit und ohne Seidenanteile.
Das Besondere ist der Wechsel der Musterbindungen : das Grundmuster ist 2/2er Köper, der von Rips wieder auf Köper springt, wobei der Köper oft die Richtung wechselt. Es werden unterschiedlich dicke Garne verarbeitet, oft sind glänzende Seidengarne als Streifen verwebt.
Samit
Samit, bitte nicht mit Samt verwechseln !
Samit ist ein sehr aufwendiges Textil das aus 2 Kettsystemen und mehren Schussystemen besteht. Beim Samit ist die Bindungskette Köperbindig.
Vereinfacht gesagt handelt es sich um ein mehrschichtiges Gewebe bei dem farbige Fäden nach oben oder nach unten geschoben werden. Die Muster sind dabei meist symmetrisch angelegt.
Beim Samit können mehre Musterfarben gleichzeitig verarbeitet werden, dabei hat die Rückseite kein ansehliches Muster.
Im Bild ein zu locker gewebter Samit, man erkennt gut die schräg laufenden Linien (Punkte)
taquete
Beim Taqueté benötigt man ebenfalls eine Haupt und eine Bindungskette und es wird ebenfalls mit mehren Fäden je Schusseintrag gearbeitet. Die Bindungskette ist hier leinwandbindig. Hierbei sind beide Seitend es Gewebes verwendbar, wobei die Farben gegenläufig sind.
Tidow unterteilt historische Gewebe in unterschiedliche Feinheiten, jeweils auf einen cm gemessen:
sehr grob bis zu 5 Fäden
grob bis zu 8 Fäden
mittelfein bis zu 12 Fäden
fein bis zu 18 Fäden
sehr fein über 18 Fäden
Beim Jeansstoffen habe ich 11 Fäden/cm gezählt, um einen Vergleich zu haben.
Die Zahlen zeigen, das die Stoffe auch im Mittelalter sehr fein sein konnten. Übrigens nicht erst seit Mittelalter, auch weit davor, gab es bereits sehr feine Gewebe.
Bei den heutigen Stoffen wird die "Dicke" nicht mehr in der Anzahl der Fäden, sondern im Gewicht angegeben. Hier kenne ich mich nun nicht aus, da ich die Stoffe die ich nicht selbst webe, zumindest anfasse und nach Augenmaß und Haptik kaufe.
Material für Oberbekleidung Wolle, für Unterbekleidung Leinen. Als ganz grobe Faustformel.
Es gibt regionale Besonderheiten, die muß aber ein jeder, für sich selbst finden.
Seide war sehr kostbar, und den oberen Schichten vorbehalten. Es gab sie allerdings schon, so ist für das Hochmittelalter in Köln, die Zunft der Seidenweberinnen belegt.
Baumwolle kam in größeren Mengen in Europa erst relativ spät auf, und wurde anfangs als Barchent, das ist ein Leinen/Baumwoll Gewebe, gehandelt.
*Kette sind die langen Fäden die auf den Webstuhl gespannt werden, Schuß ist der Faden der quer durch die Kette "geschossen" wird. Am Gewichtswebstuhl wurde das Garnknäuel so wie es war,durch das Gewebe geführt, später am Flachwebstuhl per Schiffchen, das als Handschütze wirklich aussieht, wie ein Schiffchen und durchs Fach* geworfen wird.
Per Schnellschuß wird es mit einer Art Hämmerchen, durchs Gewebe geschossen. Das sind die Webstühle die Lärm machen.
*Einzug nennt man einen Teil des Webstuhls einrichten, die Fäden werden durch die Litzen eingezogen.
*Schäfte: hier auf dem Bild sind das die Latten wo die weißen Litzen dran befestigt sind.
An meinem Webstuhl sind die Schäfte mit den Pedalen verbunden, an anderen Modelle gibt es Handhebel. Am Gewebe kann man schön das geöffnete Fach sehen,durch das das Schiffchen geschoben wird. Die Pfeile zeigen auf die 4 Schäfte, der gelbe Kringel zeigt wo das Schiffchen ins *Fach gehen muß und wie die Fäden sich spreizen.
*Kette sind die langen Fäden die auf den Webstuhl gespannt werden, Schuß ist der Faden der quer durch die Kette "geschossen" wird. Am Gewichtswebstuhl wurde das Garnknäuel so wie es war,durch das Gewebe geführt, später am Flachwebstuhl per Schiffchen, das als Handschütze wirklich aussieht, wie ein Schiffchen und durchs Fach* geworfen wird.
*Einzug nennt man einen Teil des Webstuhls einrichten, die Fäden werden durch die Litzen eingezogen.
*Schäfte: hier auf dem Bild sind das die Latten wo die weißen Litzen dran befestigt sind.
An meinem Webstuhl sind die Schäfte mit den Pedalen verbunden, an anderen Modelle gibt es Handhebel. Am Gewebe kann man schön das geöffnete Fach sehen,durch das das Schiffchen geschoben wird. Die Pfeile zeigen auf die 4 Schäfte, der gelbe Kringel zeigt wo das Schiffchen ins *Fach gehen muß und wie die Fäden sich spreizen.
Dieser Webstuhl hat also 4 Schäfte, es gibt auch Modelle mit mehr als 4, und auch Bindungen die mehr als 4 benötigen. Um ein 2/1er Gewebe herzustellen muß der Webstuhl ein wenig umgebaut werden, ein Schaft wird dann entnommen.
4 Schäfte reichen aus um die gängigen Stoffe des Mittelalters nachzuweben.
Walkstoffe
Man unterscheidet hier in gewebte Ware und Wirkware. Auch Bezeichnungen wie gekochte Wolle werden gehandelt. Wirkware ist gestrickt. Gestrickte Stoffe wurden im nicht Mittelalter hergestellt. Gegen Ende des Mittelalters kommen zwar gestrickte Kleidungsstücke auf, aber ganze Stoffe wurden nicht gestrickt.
Manteltuche wurden gewebt, und ab der Erfindung des Wasserbetriebenen Hammerwerks auch mechanisch gewalkt. Es ist auch möglich Walkstoffe von Hand oder Fuß zu walken.
Optisch sind die Strickstoffe von den gewebten Stoffen oft schwer zu unterscheiden. Mit längerem Tragen und einiger Abnutzung, fällt dann der Unterschied schon auf, und man ärgert sich. Es lohnt also vor dem Kauf genau nach zu fragen. Wirkware ist oft elastisch, man kann sie manchmal erkennen, indem man die Stoffe diagonal zur Webkante etwas zieht. Ein gewebter Walkstoff ist bei gleicher Stärke deutlich starrer. Ein Blick auf die Schnittkante kann ebenfalls hilfreich sein.