Ein Antrieb zu tun was ich so tue, ist die eigene Neugier. Stehe ich Museum vor den Vitrinen überlege ich oft, wie das was da liegt benutzt wurde, wem es gehört hat und wie es einmal aussah als es noch neu war. Gerade die Textilen Fragmente wirken oft wie alte Lumpen, wenig glamurös und auf den ersten Blick langweilig.
Ein Gewebe taucht relativ oft in Museen auf, eine Schlingen- oder auch Schlaufengewebe genannte Technik die sich bei den koptischen Textilien immer wieder findet. Meist sind sie in Leinen gearbeitet, aber es gibt auch seltener welche aus Wolle. Heute sehen die Stücke oft zerzaust aus und der Sinn erschließt sich nicht so wirklich.
Gerne hätte ich ein Bild eines Originals hier gezeigt und gegenüber gestellt, aus rechtlichen Gründen ist dies leider nicht möglich.
Im Bild mein Versuch das Original Gewebe so wie es heute aussieht nach zu zeichnen : die Wollschlingen sind stark verfilzt, die Schlingen als solches nicht mehr zu erkennen.
Ein Blick in die begleitende Literatur hilft da schnell weiter. Die Stücke befanden sich an Wandbehängen, Manteltüchern, aber auch an Tuniken. Bei den Tuniken sogar an den Innenseiten, also immer dann wenn isolierende Eigenschaften gewünscht sind. Bei Wandbehängen könnten vermutlich auch schallisoliernde Eigenschaften eine Rolle gespielt haben. Bei meinem ausgesuchten Stück* befindet es sich laut Literatur an der Innenseite eines Tunikaärmels.
*Fragmente einer Wolltunika, im Besitz des Museum Kolumba/Köln
Ägypten 6/7 Jahrh. n. Chr.
Um die Vielfältigkeit von Textilien zeigen zu können habe ich eine Mappe angelegt, die mit nachgearbeiteten Webereien gefüllt ist, und die als Fühlproben gedacht sind. Diese Mappe begleitet mich bei Museumsveranstaltungen an meinem Textiltisch und ergänzt meine Sammlung von selbstgewebten Mustertüchern.
Schlingengewebe : Draufsicht, Front- und Seitenansicht unter Spannung am Webstuhl
Meine Nacharbeit wurde am Musterwebstuhl angefertigt. Die Kette ist bei diesem Übungsstück anders als bei den Originalen aus gezwirnten Wollgarn, ca 10Fäden/1cm.
Die Schussgarne sind aus einfädigem Wollgarn. Wie beim Original wurden die Reihen mit Schlingen per Augenmaß unnregelmässig eingelegt, in Abständen zwischen1,5 und 2,8cm in den Schussreihen und abwechselnd über und unter den einzelnen Kettefäden hindurch.
Der Ergebnis ist ein Riesenfrottee aus feiner weicher Wolle. Die Schlingen sind etwa 3,5cm hoch (7cm lang) und passen sich getragen sicherlich gut der Körperform an.
Als Kleidungsstück hätte es sicherlich einen sehr hohen Tragekomfort und gute wärmende Eigenschaften.
Literatur:
Kolumba "Die koptischen Textilien"
Gewebe und Gewänder des ersten Jahrtausends aus Ägypten
bearb. von Annette Paetz gen. Schieck
Katalogbuch