An was denkt man wenn man an römische Kleidung denkt ?
Klar Sandalen, wallende Stoffe, Männer in Röckchen, fliegende Capes - Superheldengleich.
Leider ist das nicht die Wahrheit, aber es ist nicht alles falsch an diesem Bild : die Stoffe waren wallend, luftiges Schuhwerk war bekannt und Hosen eher verpönt.
Was macht einen wallenden Stoff aus ?
Um wallen zu können muss das Verhältnis von Masse und Feinheit stimmen. Ein derber schwerer Stoff wird erst wallen wenn er in Theatervorhang großen Mengen fällt. Behält man dies im Hinterkopf und schaut sich die heute erhaltenen Steinreliefs an, erkennt man meist, das die Stoffe fein und von guter Qualität gewesen sein müssen. Kleidungsstück Nr. 1 war die Tunika, auch hier flüstert uns unser Bild aus Hollywood ins Ohr "das ist das Ding mit den roten Streifen". Stimmt die roten Streifen, die gab es tatsächlich, aber es gab sie auch in anderen Farben.
Im heutigen Post geht es um diese Clavi genannten Streifen und wie sie ins Kleidungsstück kommen.
Die Clavi wurden aus farbigen Garnen eingewebt. Die Tunika selbst konnte aus einem Stück gefertigt sein* und zwar von Saum zu Saum. Als Halsausschnitt wurde die Kette geteilt und vorübergehend zwei Bahnen gearbeitet, die am Ende der Kopföffnung wieder als eine breite Bahn weiter gewebt wurde. Jeweils vor und hinter dieser Kopföffnung wurden die Clavi eingewebt.
*als eine mögliche Tunikaform, es gab auch andere Formen aber dazu wird es in einem späteren Blogeintrag gehen.
Nun könnte man denken, klar da macht man in der Kette ein paar farbige Fäden rein, und dann hat man es, aber so einfach war es nicht.
Die Clavi waren recht dicht in ihrer Struktur, so das sie wie kompakte Bänder innerhalb des Stoffs wirken. Man nennt diese Technik Rips. Rips hat immer eine deutliche Struktur man kennt es zB. von den heutigen Tischsets mit der Rippenartigen Textur.
Mein Mustertüchlein:
- Streifen mit einfach zweifarbig gewebten Streifen wie er auch entstehen würde, wären die Farben von Kette und Schuss umgedreht farbig.
- Streifen in Kettrichtung gearbeitet : Ripstechnik
- Streifen in Schussrichtung durch andersfarbigem Schussgarn
- Streifen in Schussrichtung in Rips - so sollte es sein
- Streifen in Schussrichtung mit dickerem Garn
Man erkennt gut, das die Ripsstreifen weniger schraffiert und satter in der Farbe wirken als die Streifen die ohne wechseln der Techik nur durch andersfarbigen Faden entstanden sind. Der Faden ist bei allen 4 Versuchen immer der Gleiche. Nr 5 ist etwas dicker - das dickere Garn macht die Optik farblich nicht satter
Beim Vergleich der Ripsstreifen fällt auf, das es in der Struktur Unterschiede gibt:
- links der Rips der mit dem Schuss laufend gewebt wurde. (so sollte es sein, die Ripen verlaufen von Seite zu seite des Streifens)
- rechts der Rips der als mit der Kette laufenden Streifen angedacht ist.
Die Struktur ist anders.
Man erkennt in der Vergrößerung schön, den Unterschied in der Bindung, das Grundgewebe ist eine Leinwandbindung, der Rips verläuft über jeweils 2 Kettfäden und ist im Schuss dünner als beim restlichen Gewebe. Dadurch hat der Faden seitlich mehr Raum im Gewebe und kann dichter angeschlagen werden. Die Zweiergruppen rücken nahe zusammen, das schafft Platz.
Hier noch mal als Zeichnung :
- links Leinwand jeweils über und unter einem Kettfaden, der Schussfaden kann nicht enger an den Nachbarschuss rücken, das ist ähnlich wie beim Korbgeflecht, dessen Dichte begrenzt ist.
- Rechts geht der Schussfaden über und unter Zweiergruppen von Kettfäden.
- unteres Bild, Rips : der Verlauf von einer 2er Grupe Kettfäden wurde grün nachgezeichnet.
Für meine Museumsmappe mit den Fühlproben habe ich dieses Mustertüchlein gewebt, auf einem kleinen Spielzeugwebstuhl, darum bitte ich die Qualität des Gewebes zu entschuldigen. Das Mustertuch ist noch ungewaschen, und deshalb auch sehr locker.
Bändchen als Kompromisslösung zum nachrüsten von Tuniken sind bestellbar oder im Shop erhältlich.
Literatur:
Textilien des Mittelmeerraumes aus spätantiker bis frühislamischer Zeit
Die Textilsammlung der Abegg-Stiftung Band 4
Gewebeanalysen von R. Knaller S. Schrenk
Methods of dating ancient textiles of the 1st millenilum AD from Egypt and neighbouring countries
Antoine De Moor & Cäcilia Fluck