
Auf mehrfachen Wunsch hin sind kleine Mustertücher in meiner Werkstatt entstanden.
Gewünscht waren kleine Gewebestücke aus dickem Garn um Besuchern die gängigsten Bindungen zeigen zu können.
Vor dieser Arbeit habe ich mich lange gedrückt, denn es ist viel Aufwand weil der Webstuhl mehrmals neu eingerichtet werden muss um die unterschiedlichen Bindungen zu erreichen, aber nun habe ich kleine Mustertücher angefertigt, die ihr für Eure Displays verwenden könnt.
Um möglichst viel sehen zu können, habe ich die Kette aus dunkelgrauem Garn aufgezogen, der Schuss ist hellrosè, dazwischen farbige Fäden um einzelnen Fäden im Gewebe optisch folgen zu können. Die Kanten der Gewebe habe ich per Handnaht versäumt, so dass die Proben robust und waschbar sind.
Hier die wichtigsten Infos zu den Bindungen :
Leinwandbindung und 2/2Köper
richtet man einen Webstuhl in 2/2er Köper ein, so lässt sich mit dieser Einrichtung auch eine Leinwandbindung weben. Umgedreht geht dies nicht ! Leinwandbindung benötigt nur 2 Schäfte, 2/2er Köper vier Schäfte am Webstuhl.
Beim 2/2er Köper springt der Schussfaden über jeweils 2 Kettfäden, dabei wandert mit jeder Reihe die Abfolge einen Faden weiter. Man erkennt es gut beim Hahnentritt, der hier aus je 4 Fäden weiß und blau gearbeitet wurde :
Reihe 1 wird der Schussfaden über Kettfaden 1+2 geführt
Reihe 2 über 2+3
Reihe 3 über 3+4
Reihe 4 über 4+1
und das Muster beginnt von vorne
Hier ein Bild aus meinem Archiv, ein Hahnentritt zum Veranschaulichen wie die Fäden im Köper verlaufen. (Das Muster ist nicht Bestandteil des käuflichen Sets.)

Bei der Leinwandbindung wird der Schuss-Faden abwechselnd über und unter einen Kettfaden geführt. Es ist die schlichsteste aller Bindungen. Gleichzeitig ist diese Bindung anspruchsvoll, da man jeden Webfehler, jede Unregelmässigkeit sofort erkennt.
2/1 Köper
benötigt nur 3 Schäfte. Durch diese ungerade Anzahl von Schäften entstehen 2 unterschiedliche Optiken am Gewebe. Dies ist auch so beim 3/1er Köper oder beim Atlasgewebe (4/1er Köper). Es gibt immer eine schusslastige Seite und eine kettlastige Seite. Das hat den großen Vorteil dass man Stoffe herstellen kann die z.B. eine flauschige und eine glattere Seite haben, oder man wählt für ein Fadensystem ein hochwertiges und für das andere ein günstigeres Garn.
Wir kennen den 2/1er Köper gut von Jeansstoffen wo die Seite mit den ungefärbten Fäden innen liegt.
Auch der Glanz von Satinstoffen (4/1 und mehr) ensteht dadurch dass ein Faden mit seidiger Oberfläche über mehre Kettfäden hinweg springt und so gut Licht reflektieren kann.
An meinem Mustertuch kann man gut den Unterschied erkennen, die überwiegend roséfarbene Seite ist die schusslastige Seite, die dunklere Seite ist die kettlastige Seite. Auf der schusslastigen rosa Seite liegt der Kettfaden über je 1 Schussfaden, auf der kettlastigen liegt der Kettfaden über 2 Schussfäden.
Beim Rippenköper wechseln die schusslastige Seite 1/2 mit der kettlastigen Seite 2/1 im Wechsel von je 3 Schuss. Dadurch ergibt sich nicht nur ein optischer Effekt, sondern es entstehen ertastbare Rippen. Diese Bindung ist sehr selten, belegt ist sie z.B. völkerwanderungszeitlich in den alamannischen Adelsgräbern in Niederstotzingen. Schade, eigentlich ist es simpel und hübsch.
Der Einzug :
Reihe 1 Schaft 1
Reihe 2 Schaft 2
Reihe 3 Schaft 3
und wieder von vorn

Diamantköper und Fischgratköper
lassen sich auf ein und der selben Einrichtung am Webstuhl herstellen, denn im Grunde genommen ist ein Diamantköper ein vor und zurück gewebter Fischgrat.
Das Muster kann unterschiedliche groß gewebt werden, in diesem Fall habe ich einen kleinen Rapport mit 12 Fäden gewählt.
Das Muster entsteht durch die Verteilung der Fäden auf die 4 Schäfte im Einzug :
Reihe 1 Schaft 1
Reihe 2 Schaft 2
Reihe 3 Schaft 3
Reihe 4 Schaft 4
Reihe 5 Schaft 1
Reihe 6 Schaft 2
Reihe 7 Schaft 4
Reihe 8 Schaft 3
Reihe 9 Schaft 2
Reihe 10 Schaft 1
Reihe 11 Schaft 4
Reihe 12 Schaft 3
und man beginnt von vorne
Die Schäfte werden beim Fischgrat stur von 1-4 und wieder von 1-4 hintereinander geschossen, beim Diamant in der gleichen Abfolge wie beim Einzug vor und zurück.

Noch ein Wort zu den Webstühlen !
Wann der Trittwebstuhl aufkam ist nicht eindeutig geklärt. Die Holzrolle aus Haithabu die als Bestandteil eines Webstuhls angesprochen wird, könnte genausogut ein Flaschenzug gewesen sein. Fakt ist jedoch dass die komplexen Seidenstoffe als Importware sicherlich nicht auf Gewichtswebstühlen hergestellt wurden. Legt Euch nicht fest, man weiß es nicht, auch wenn es in manchen Büchern anders steht. Ebenso ist es kein Hexenwerk wie viele Tritte und Schäfte ein Trittwebstuhl hat. Man kann davon ausgehen dass die ersten Trittwebstühle schon mit 4 Schäften ausgestattet waren, oder sein konnten je nach Anspruch der webenden Person.
Der Gewichtswebstuhl wird sich sicherlich parallel zum Trittwebstuhl lange Zeit erhalten haben. Er benötigt weniger Platz und kann leichter auf und abgebaut, sowie verstaut werden.